Justizia II 2.0: Rechtskundeduell auf Augenhöhe
Köllerholzschule tritt gegen Gymnasiasten der Theodor Körner Schule an
Enges Finale
„Ich habe keine Tendenz, wie die Jury entscheiden wird, so knapp scheint mir das Ergebnis zu sein“ formulierte Köllerholz-Schulleiter Stephan Vielhaber direkt nach dem Finale. Seinem Kollegen Bernhard Arens (Theodor Körner Schule) ging es nicht anders.
Und dieses Finale hatte es in sich. Die Drittklässler des Teams Köllerholz I traten gegen die Sechstklässler des Teams TKS I an. Beim Betreten der Bühne wurden sie von den Fanclubs der beiden Lager lautstark bejubelt und angefeuert. Während des folgenden Rededuells war das Publikum in der Aula dann hochkonzentriert und aufmerksam. Die den Teams vorher nicht bekannte Frage, die es zu diskutieren galt, lautete: „Soll es verboten werden, dass die Eltern ihre Kinder mit dem Auto direkt zur Schule bringen und soll ein Bannkreis von 500 Metern eingerichtet werden, der nicht befahren werden darf?“
NRW-Pilotprojekt Justizia I bis III
Aber der Reihe nach. Das an der Köllerholzschule maßgeblich von Richterin Tanja Klumpe und Richter Dr. Gerhard Klumpe unter dem Dach der Offenen Ganztagsschule entwickelte Projekt „Justizia“ ist mittlerweile anerkanntes Pilotprojekt des Ministeriums für Justiz und des Ministeriums für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen. Das entwickelte Konzept wird zurzeit in weiteren Grundschulen pilotiert und soll in Zukunft als Vorläufermodell mit den bereits in der Sekundarstufe etablierten Rechtskundearbeitsgemeinschaften verbunden werden. Auch eine Kombination mit „Jugend debattiert“ ist zukünftig vorstellbar.
Gestartet wurde an der Köllerholzschule zu Beginn des Schuljahres 2017/18. Justizia I stellte den „Moot Court“ in den Mittelpunkt, ein gespieltes Gerichtsverfahren, in dem die Schülerinnen und Schüler die Rollen der Beteiligten übernahmen. Justizia II titelte „Von der Idee zum Gesetz – Diskussionswettkampf oder die Macht der Argumente“ und befähigte die Kinder, strittige Rechtsfragen in Rededuellen miteinander zu diskutieren. Justizia III schließlich entwickelte ein schuleigenes Schlichtungsverfahren. Die Kinder wurden nach bestandener Prüfung durch eine unabhängige Jury zu Schlichterinnen und Schlichtern ernannt.
Mutiges Rededuell in Planung
Da in anderen Grundschulen die Pilotphase für Rechtskundearbeitsgemeinschaften erst am Anfang steht, entstand die Idee, die Schülerinnen und Schüler des benachbarten Gymnasiums (Theodor Körner Schule) zu einem Diskussionswettkampf herauszufordern. Welch ein mutiges Ansinnen! Damit traf das verantwortliche Leitungsteam bei der dortigen Schulleitung und der Unterstufenleitung auf sehr positive Resonanz und nach einer ausführlichen persönlichen Besprechung wurde das Duell vereinbart.
Fehdehandschuh
Standesgemäß überbrachte die Köllerholz-AG der Klasse 6a einen Fehdehandschuh, den diese gerne annahm. Das Duell wurde für den 4. Mai um 10 Uhr in der Aula der Köllerholzschule terminiert. Nach Informationen unserer Redaktion wurde in beiden Schulen intensiv recherchiert, diskutiert und geübt. Dazu standen drei Fragestellungen zur Verfügung: 1. „Soll unsere deutsche Nationalhymne „gegendert“ werden?“, 2. „Soll es für gezuckerte Nahrungsmittel eine Extrasteuer geben?“ und 3. „Soll es ein Kopftuchverbot für Kinder unter 14 Jahren in unseren Schulen geben?“.
Es geht los
Nach einem halbstündigen Fußmarsch traf die Klasse 6a, darunter erfreulicherweise etliche ehemalige Köllerholzkinder, nun an diesem Freitag in Begleitung ihrer Klassenlehrerin Frau Schmidt-Wilcke und ihres stellvertretenden Klassenlehrers Herrn Mering in der Köllerholzschule ein. Sie wurden von der Köllerholz-AG unter Leitung von Tanja Klumpe bereits erwartet. Nach einem gemeinsamen Aufenthalt beider Schulteams im Schulgarten ging es endlich los.
Schülerin Johanna Klumpe (Klasse 3c) begrüßte das Publikum und stellte die Vertreterinnen und Vertreter beider Schulen und die Jury vor. Auch Schulleiter Stephan Vielhaber begrüßte das Publikum, die Jury und die Teams und wünschte der Veranstaltung gutes Gelingen. Danach übernahm Dr. Gerhard Klumpe gekonnt die Moderation der Veranstaltung.
Los ging es mit dem Einmarsch der beiden Schulmannschaften. Mit lauter Einmarschmusik und unter noch lauterem Jubel der Fans nahmen diese ihre Plätze ein.
Duell im Halbfinale
Beide Schulen stellten zwei Dreierteams, die zunächst in zwei ausgelosten Halbfinalen KHS gegen TKS gegeneinander antraten. Eine Besonderheit der Duelle war, dass neben der zugelosten Frage auch die Zuordnung „pro“ oder „contra“ ausgelost wurde. Die Fragestellungen „Soll es ein Kopftuchverbot für Kinder unter 14 Jahren in unseren Schulen geben?“ und „Soll es für gezuckerte Nahrungsmittel eine Extrasteuer geben?“ kamen zum Zuge. Auf diese Fragen hatten sich die Teams im Vorfeld vorbereitet. Direkt vor dem Duell konnten sich die Teams noch einmal 10 Minuten zur Vorbereitung zurückziehen. Dann durften sie auf der Bühne jeweils fünf Minuten lang ihre begründeten Statements abgeben, bevor es in die Rededuelle im Wechsel gegeneinander ging.
Im ersten Duell unterlag das Team Köllerholz II klar dem Gegner Theodor Körner I. Im zweiten Duell besiegte das Team Köllerholz I knapp das Team Theodor Körner II.
Unabhängige Jury
Die Sieger wurden durch eine unabhängige Jury ermittelt, die folgende Kriterien heranzog: Aufbau der Argumente, Anzahl der Argumente, Qualität des Vortrags, Eingehen auf die Argumente der Gegenseite und Umgang der Teams untereinander. Für besonders Erwähnenswertes vergab die Jury Extrapunkte.
Nach den beiden Halbfinalen wurden die Ergebnisse durch die Jury bekanntgegeben und dezidiert begründet. Ein Riesenapplaus war den Siegern, aber auch den Platzierten im Sinne des vereinbarten Fair Plays sicher.
Mitglieder der kompetenten unabhängigen Jury waren Lehrbeauftragter an der Ruhr Universität Bochum und Lektor an der Universität Graz Dr. Thomas Thiede, Rechtsanwältin Manuela Lück, Assessor und Diplomjurist Tim Träbing und Rechtsanwalt Karsten Winkler.
Spannendes Finale
Das Finale hatte es dann sich. Es traten die Teams Köllerholz I und Theodor Körner I gegeneinander an. Eine knisternde Spannung lag in der Luft. Moderator Dr. Klumpe konnte die Fanblöcke kaum beruhigen. Hoch konzentriert ging es aber dann in das Diskussionsduell. Im Unterschied zur Vorrunde war den Teams das Thema nicht bekannt. Deshalb betrug die Vorbereitungszeit auf die Frage „Soll es verboten werden, dass die Eltern ihre Kinder mit dem Auto direkt zur Schule bringen und soll ein Bannkreis von 500 Metern eingerichtet werden, der nicht befahren werden darf?“ diesmal 20 Minuten.
Was dann passierte, hatten wohl die wenigsten erwartet. Auf Augenhöhe und auf einem außergewöhnlich hohen argumentativen und sprachlichen Niveau begegneten sich Grundschüler und Gymnasiasten und beeindruckten Publikum, Jury und unsere Redaktion, die nun wieder am Beginn dieses Berichtes ankommt und bei der Frage „Wer hat denn nun gewonnen?“.
Siegerinnen und Sieger waren alle, da waren sich Jury und Schulvertreter einig. Leicht war die Entscheidungsfindung für die Jury auch nicht, im Gegenteil, das Ergebnis war äußerst knapp. Umfangreich begründend und im Detail verkündete die Jury ihre Entscheidung mit dem Fazit: „In einem völlig auf Augenhöhe ablaufenden Finale, in dem es beiden Teams gelang, in der Vorbereitungszeit sämtliche in Betracht kommenden Argumente spontan zu erarbeiten und rhetorisch sauber vorzutragen, hatte das Team der Köllerholzschule das bessere Ende für sich. Es gelang den Grundschülern, ein Argument der Gegenseite umzudrehen und als eigenes Argument fruchtbar zu machen“. Somit ging Team Köllerholz I als Sieger hervor. Das Team Theodor Körner I belegte nur sehr knapp geschlagen Platz 2.
Gemeinsamer Ausklang
Zum Abschluss überreichten die Schulleiter Stephan Vielhaber und Bernhard Arens gemeinsam den Siegerpokal unter dem Jubel der Zuschauer an die Köllerholzschule. Die Gymnasiasten erhielten von ihrem Schulleiter einen Wandertag extra. Die Kosten für die Eisdiele übernahm die Köllerholzschule als abschließendes Gastgebergeschenk.
Der gemeinsame Ausklang fand abschließend bei herrlichem Sonnenschein im Schulgarten statt. Vom Gartengrill gab es Biobratwurst und als Abschiedsgeschenk für alle Schülerinnen und Schüler der 6a der Theodor Körner Schule ein kleines Glas Köllerholz-Bienenhonig.
Das Fazit von Rektor Stephan Vielhaber und Konrektorin Martina Hesse (Köllerholzschule) und Direktor Bernhard Arens und Dr. Elke Arnscheidt (Theodor Körner Schule): Es war eine hervorragende Veranstaltung miteinander, die als Grundlage für den weiteren Ausbau der guten Kooperation dienen soll. Wir werden berichten.
Köllerholz Brief an die Klasse 6a der TKS