Schuleigene Lehrpläne implementieren – Wie geht das?
Stand: 31.Dezember 2023
Unser Weg durch die Grundschulzeit
Übersicht:
Teil A: Grundlagen
Teil B: Umsetzung in der Praxis
Teil C: Praxisleitfaden Lernarrangement für schuleigene Unterrichtsvorgaben
Teil A: Grundlagen
1. Neue Grundschullehrpläne
Schulgesetz NRW § 29 „Unterrichtsvorgaben“
- (1) Das Ministerium erlässt in der Regel schulformspezifische Vorgaben für den Unterricht (Richtlinien, Rahmenvorgaben, Lehrpläne). Diese legen insbesondere die Ziele und Inhalte für die Bildungsgänge, Unterrichtsfächer und Lernbereiche fest und bestimmen die erwarteten Lernergebnisse (Bildungsstandards).
- (2) Die Schulen bestimmen auf der Grundlage der Unterrichtsvorgaben nach Absatz 1 in Verbindung mit ihrem Schulprogramm schuleigene Unterrichtsvorgaben.
- (3) Unterrichtsvorgaben nach den Absätzen 1 und 2 sind so zu fassen, dass für die Lehrerinnen und Lehrer ein pädagogischer Gestaltungsspielraum bleibt.
Anmerkungen:
- Die seit 2008 gültigen 9 Fachlehrpläne müssen ersetzt werden durch die 9 Neuversionen.
- Die neuenLehrpläne traten am 01.08.2021 in Kraft, erlangen ihre Gültigkeit und entfalten ihre Wirkung aber erst aufwachsend für die zum Schuljahr 2022/2023 eingeschulten Schülerinnen und Schüler.
- Das Schuljahr 2022/23 dient der theoretischen Vorbereitung.
- Auf der Arbeit der Klassen 1a, b und c und 2a, b und c als gemeinsame Schuleingangsphase liegt im Schuljahr 2023/24 deshalb modellhafte Aufmerksamkeit. Diese setzt eine besonders gute Abstimmung zwischen den Klassenlehrerinnen, den Sonderpädagoginnen und Sozialpädagoginnen des Multiprofessionellen Teams, der Schulleitung und den Ganztagskoordinatorinnen voraus.
- Am 20. Mai 2022 fand bei uns eine Fachveranstaltung der Lehrplankommission Sachunterricht mit dem Schwerpunkt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) statt. Die Teilnehmer*innen (u.a. Ministerium für Schule und Bildung NRW, Bezirksregierungen, Schulaufsichten, Lehrerfortbildung, Universität Köln) erlebten das Profil der Köllerholzschule in Funktion und zeigten sich außerordentlich beeindruckt, besonders von den Möglichkeiten des Schulgartens als Lernort, der Schüler*innenpartizipation und der Digitalisierung. Sehr motivierend für unser „Update“ 2023/24!
Stand 2012: Lehrpläne für die Primarstufe in Nordrhein-Westfalen (nrw.de)
2. Zielperspektive
Die Gesamtverantwortung für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags, für die Qualitätsentwicklung, für die Qualitätssicherung und für die Schulentwicklung gemäß § 59 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen trägt der Schulleiter.
Die Erfüllung dieses Gesamtauftrags, dessen Umsetzung der guten Entwicklung unserer Schulkinder dient und deren Kompetenzen auf fachlicher und emotionaler Ebene erweitert, kann aber nur im freudigen Miteinander der Schulgemeinde gelingen, sei es als fleißig Lernende, als alle mitnehmende Lehrende, als kreative Projektmanager*innen, als fürsorglich Betreuende oder als mit echtem Interesse mitwirkende Eltern.
Der gute, weil handlungsorientierte und lebensnah gestaltete interessante Unterricht soll im Mittelpunkt unserer Schule stehen. Dieser nimmt dann Gestalt an, wenn wir die Möglichkeiten unserer vergleichsweise gut ausgebauten Rhythmisierten Ganztagsschule mit ihren Varianten OGS (Offene Ganztagsschule), BGS (Betreute Grundschule) und BGS + (Betreute Grundschule plus Ferienprogramm) ausschöpfend nutzen, dazu das Schulumfeld mit seinen interessanten Nahräumen (z.B. Köllerholzwald in 100 Metern und Schulbauernhof Weichsel im Neveltal in 1.200 Metern Entfernung).
Die Ganztagsschule ist aber nicht nur ein Lernfeld für guten Unterricht. Sie ist sowohl Lernort als auch Lebensort, gleichsam Heimstätte, bedenkt man die wöchentliche Präsenz von jungen Schüler*innen in einem Zeitrahmen von 45 Zeitstunden wie bei Vollzeitarbeitnehmer*innen. Hier gilt es den Kindern viel Gutes zu tun mit interessanten Angeboten und Projekten, aber auch der Möglichkeit ausgedehnten Freispiels mit den Schulfreund*innen.
Das erfordert Teamarbeit, Vereinbarungen und tägliche Absprachen. Diese sind dem Schulerfolg unserer Kinder gewidmet, den schneller Lernenden, den weniger schnell Lernenden und den Lernenden, die das Lernen erst noch lernen wollen.
Dies entspricht dem Auftrag des Schulgesetzes NRW in § 1, nach dem jedes Schulkind das Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung hat. Ein anspruchsvoller Auftrag bei 330 Mädchen und Jungen im Schuljahr 2023/24!
Die langjährig erprobte „Köllerholz-Lernwerkstatt“ nimmt diesen Gedanken auf und soll wieder realisiert werden durch ein multiprofessionelles Team, das für speziell Lernende örtliche und zeitliche Lernräume arrangiert und im Besonderen die vielfältigen Möglichkeiten unseres Schulgartens mit dessen Lernstationen nutzt.
Die Vorbereitungen dafür haben im Mai 2023 begonnen. Zum multiprofessionellen Team gehören Lehr- und Fachkräfte, Sonder- und Sozialpädagog*innen und Integrationsfachkräfte. Das Team korrespondiert mit den Klassenleitungen, den Eltern, den Ganztagskoordinatorinnen und der Schulleitung.
Als Kommunikationsbasis dient der „Partizipative Bildungsplan“ als Bestandteil unserer Rhythmisierten Ganztagsschule unter besonderer Berücksichtigung der Lernausgangslagen (Vorläuferfähigkeiten).
3. Schuleigene Qualitätsanalyse
Qualitätsanalyse | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Qualitätstableau NRW (schulministerium.nrw)
Die schuleigene Analyse zeigt gemäß den Anforderungen der Qualitätsanalyse NRW, dass die erforderlichen Konzeptionen vorliegen. Nun gilt es auf dieser Grundlage und aufgrund der Erfahrungen innerhalb der dreijährigen Coronakrise mit ihrer vermehrt inneren Schulentwicklung Vereinbarungen neu zu treffen und aktuell zu definieren, wie (Unterrichtsgestaltung), wann (Jahrgangsbezug / Stufenbezug) und womit (Material, Methoden, Medien) unsere Schüler*innen lernen sollen (schulinterne Lehrpläne).
https://koellerholzschule.de/rhythmisierte-ganztagsschule/
https://koellerholzschule.de/rhythmisierte-ganztagsschule/unterrichtskonzeption/
https://koellerholzschule.de/rhythmisierte-ganztagsschule/schulkonzeption/
Die QA NRW setzt die OGS im Qualitätstableau ausdrücklich als Querschnittsbedingung. Die Beteiligung, Möglichkeiten und Qualitätsaspekte unserer RGTS (Rhythmisierte Ganztagsschule) müssen deshalb immer multiprofessionell mitgedacht werden.
4. Anknüpfungspunkte
Besondere Anknüpfungspunkte bieten die Erkenntnisse unseres letzten großen pädagogischen Ganztagsschultages (Februar 2020, vor Corona). Die drei übergeordneten Ziele „guter Unterricht“, „anregungsreiches Schulleben“ und „attraktive Freizeitgestaltung“ und die äußere und innere Rhythmisierung auf der Grundlage der Jahreskreise (u.a. Kalenderjahr, Schuljahr, Jahreszeiten, Fest- und Feiertage) und Anfertigung von Lerndokumentationen als individuelles „Köllerholz-Portfolio“ waren Konsens in der gemeinsamen Arbeit des Lehrerkollegiums und des Ganztagsteams.
5. Änderungen in der Ausbildungsordnung Grundschule (AO-GS)
Für den Einschulungsjahrgang 2022/23 beginnt der Englischunterricht wie an allen Grundschulen in NRW erst ab Klasse 3 und wird dann dreistündig erteilt werden (Schuljahr 2024/25).
Für den Einschulungsjahrgang 2023/24 beginnt der Englischunterricht wie an allen Grundschulen in NRW erst ab Klasse 3 und wird dann dreistündig erteilt werden (Schuljahr 2025/26).
Da sich in der Stundentafel für die Grundschulen die Gesamtzahl der Stunden pro Jahrgang nicht ändern soll, wird künftig der Block Deutsch, Mathematik, Sachunterricht und Förderunterricht in Klasse 1 um eine Stunde und in Klasse 2 um zwei Stunden aufgestockt, in Klasse 3 und 4 dagegen jeweils um eine Stunde gekürzt.
6. Berücksichtigung der Vorläuferfähigkeiten in Deutsch und Mathematik
Unter den sogenannten Vorläuferfähigkeiten werden Fähigkeiten verstanden, die bei den Schülerinnen und Schülern schon vor Schuleintritt sehr unterschiedlich entwickelt sind, zum Beispiel aufgrund der sozialen Herkunft, des Familienhintergrundes, des Besuches eines Kindergartens usw.
Diese Vorläuferfähigkeiten müssen in den beiden Fächern Deutsch und Mathematik zunächst aufgebaut werden, um ein erfolgreiches Weiterlernen zu gewährleisten. Sie werden in der Schule aufgenommen und individuell weiterentwickelt.
Zu Schulbeginn liegt der Fokus demnach auf der Ermittlung der Lernausgangslagen:
Deutsch
- Pragmatische Bewusstheit: die Fähigkeit, den eigenen Sprachgebrauch in der Kommunikation mit anderen bewusst zu gestalten (z.B. auf die Verständlichkeit einer Mitteilung zu achten)
- Syntaktische Bewusstheit: die Fähigkeit, grammatische Mittel in der gesprochenen Sprache bewusst zu nutzen (z.B. die Umstellung von Sätzen, das Erfinden von Sätzen)
- Wortbewusstheit: die Fähigkeit, Wörter als Segmente der gesprochenen Sprache zu erkennen (z.B. einzelne Wörter aus einem Satz herauslösen)
- Phonologische Bewusstheit: die Fähigkeit, die lautliche Struktur der gesprochenen Sprache wahrzunehmen (z.B. Reimen, Lautanalyse „Kommt ein f in Affe vor?“, Lautmanipulation wie etwa im Lied „Auf der Mauer, auf der Lauer“)
Mathematik
- Mathematik im Alltag entdecken und erforschen
- Mathematische Situationen darstellen und darüber sprechen
- Kreativ sein und Probleme mithilfe der Mathematik lösen
- Anzahlen bis 4 simultan erfassen
- Unstrukturierte Anzahlen durch Abzählen ermitteln
- Mengen vergleichen (mehr, weniger, größer, kleiner, gleich)
- Zahlenwortreihe bis 10 aufwärts aufsagen, den Richtungsbegriff rückwärts erkennen
- Räumliche Beziehungen benennen (u.a. oben, unten, vorne, hinten)
- Unterschiede oder Ähnlichkeiten wahrnehmen, klassifizieren, sortieren, Muster erkennen
- Einfache geometrische Formen (Kreis, Dreieck, Viereck) erkennen
- Teilfiguren in einem komplexen Hintergrund erkennen und isolieren (Figur-Grund-Wahrnehmung) sowie
- Seheindrücke und Handbewegungen koordinieren (Auge-Hand-Koordination)
Anmerkungen:
- Das Multiprofessionelle Team unterstützt die Klassenlehrer*innen bei der Ermittlung der Lernausgangslagen der Erstklässler*innen, auch bereits schon im Rahmen des Einschulungsverfahrens.
- Im Rahmen des Einschulungsverfahrens unserer Schule wird als Erfassungsinstrument der „Beobachtungsbogen zum Schulfähigkeitsprofil“ verwendet. Dieser passt inhaltlich exakt zu den Vorläuferfähigkeiten.
- Mit den beiden kommunal zugeordneten Kindertagesstätten (kath. KiTa St. Engelbert, ev. Kita Gottessegen) sollen Einschulungskonferenzen, möglichst in diesen Einrichtungen, durchgeführt werden.
- Ziel ist es, für die Schulkinder (zunächst bei besonderen Notwendigkeiten) individuelle Bildungspläne anzulegen (vgl. 2. Zielperspektive „Der partizipative Bildungsplan“).
Beobachtungsbogen-Schulfaehigkeitsprofil-Koellerholzschule-09-2022.pdf
7. Fachoffensive Grundschule NRW
Die Berücksichtigung der Vorläuferfähigkeiten ist eingebunden in die Fachoffensive Deutsch und Mathematik innerhalb des „Masterplan Grundschulen NRW“.
Bereiche der Fachoffensive Deutsch:
- Lesen
- Orthographie
- Schriftlicher Sprachgebrauch
- Lernstands- und Lernprozessdiagnostik
- Digitale Medien im Deutschunterricht
Bereiche der Fachoffensive Mathematik:
- Mathematik gemeinsam lernen
- Prozessbezogene Kompetenzen fördern
- Digitale Medien
- Lernstands- und Lernprozessdiagnostik
- Rechenschwierigkeiten vermeiden
- Mathematik sprachbildend unterrichten
- Mathematikstärken ausbauen
Fachoffensiven für Deutsch und Mathematik | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Fachoffensive Deutsch | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Fachoffensive Mathematik | Bildungsportal NRW (schulministerium.nrw)
Masterplan Grundschule.pdf (schulministerium.nrw)
Das MSB NRW richtet Fachberatungen bei den Schulämtern ein. In Bochum arbeiten drei Fachberaterinnen (2 D, 1 M). An den Fortbildungsveranstaltungen sollen die Beteiligten in der Schuleingangsphase nach Möglichkeit teilnehmen (Beginn Mai/Juni 2023).
Aus dem Kollegium benennt die Schulleitung dem Schulamt jeweils eine Ansprechpartnerin für die Fächer Deutsch (z.Zt. Lehrerin Lea Schneider, gleichzeitig Sprachbildungsbeauftragte) und Mathematik (z.Zt. Lehrerin Marie Ohlendorf).
8. Neues Unterrichtsfach „Praktische Philosophie“
In diesem Fach sollen Kinder unterrichtet werden, die von ihren Eltern vom Religionsunterricht abgemeldet wurden. Dazu gibt es bisher keine Umsetzung seitens des Ministeriums für Schule und Bildung NRW.
Auch in unserer Schule gibt es steigenden Bedarf aufgrund steigender Abmeldezahlen. Im Schuljahr 2022/23 nehmen 30 von 325 Kindern nicht am Religionsunterricht teil.
9. Aufbau der Lehrpläne
Der Aufbau der Lehrpläne hat sich etwas verändert. Alle Fächer sind in drei Teile gegliedert:
1. Aufgaben und Ziele
2. Bereiche, Inhalte und Kompetenzerwartungen
2.1. Bereiche
2.2. Kompetenzerwartungen
3. Lernerfolgsüberprüfung und Leistungsbewertung
Das „Gemeinsame Lernen“ und die „Sprachbildung“ bilden in Kapitel 1 aller Fächer einen besonderen Schwerpunkt.
In Kapitel 2 werden die „Kompetenzerwartungen“ vermehrt über die gesamte Grundschulzeit ausgewiesen, weniger in Differenzierung für die Schuleingangsphase und die Klassen 3/4.
In Kapitel 3 ist der individuelle Lernstand als Ausgangspunkt der Leistungsüberprüfung und Leistungsbewertung von großer Bedeutung. Grundlage bildet also die Ermittlung der Lernausgangslage.
Zu berücksichtigen bei der Leistungsbewertung ist zudem die Transparenz der Kriterien gegenüber den Schülerinnen und Schülern.
Ebenso werden allgemeine und fachspezifische Lernstrategien in den Mittelpunkt gestellt.
Auch die individuelle Rückmeldung zur Leistungsentwicklung gewinnt an Bedeutung. Explizit erwähnt werden die Überprüfungsformen auf Grundlage schriftlicher, mündlicher und praktischer Art.
Höhere Verbindlichkeiten: Neu in den Lehrplänen und den Kompetenzerwartungen sind verbindliche Inhalte und Gegenstände.
In Klammerzusätzen werden Kompetenzerwartungen und verbindliche Inhalte und Gegenstände zur Entwicklung der Kompetenz ergänzt.
Der Zusatz „u.a.“ weist darauf hin, dass zusätzlich zu den genannten mindestens ein weiterer Inhalt bzw. Gegenstand verbindlich zu behandeln ist.
10. Querschnittsaufgaben
Übergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgaben (= Querschnittsaufgaben) werden in den Fächern, fachübergreifend, in Lernbereichen und im Rahmen spezifischer Angebote und Projekte der Schule berücksichtigt.
Die Entwicklung einer mündigen, sozial verantwortlichen und für ein friedliches und diskriminierungsfreies Zusammenleben einstehenden Persönlichkeit ist Aufgabe aller Fächer.
Jede Schule entscheidet über die Anlage ihrer schulinternen Lehrpläne, wie die Querschnittsaufgaben innerhalb des Schulprogramms berücksichtigt werden:
- fächerübergreifend im Unterricht
- überfachliche Projekte
- Kooperationen mit außerschulischen Partnern
- schulkulturell etablierte Angebote
- expliziter Gegenstand schulorganisatorischer Maßnahmen und schulischer Angebote
Die Querschnittsaufgaben in den Lehrplänen:
- Menschenrechtsbildung
- Werteerziehung
- politische Bildung und Demokratieerziehung
- Medienbildung und Bildung für die digitale Welt
- Verbraucherbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung
- Geschlechtersensible Bildung
- Kulturelle und interkulturelle Bildung
Der „Medienkompetenzrahmen NRW“ und die „Rahmenvorgaben Verbraucherbildung“ sind an vielen Stellen der Lehrpläne fachlich eingebunden.
LVR_ZMB_MKR_Rahmen_A4_Final.indd (schulministerium.nrw)
Rahmenvorgabe Verbraucherbildung in der Primarstufe und Sekundarstufe I in NRW
Nicht explizit aufgeführt, aber von großer Bedeutung ist die Sprachbildung. Jede Grundschule soll über ein eigenes Sprachbildungskonzept verfügen.
Planungshilfe für ein Sprachbildungskonzept | Bezirksregierung Arnsberg (nrw.de)
Sprachbildung | Bezirksregierung Arnsberg (nrw.de)
Fazit:
- Die neuen Lehrpläne bieten insbesondere bei den Querschnittsaufgaben Chancen, fächerübergreifend, fächerverbindend, projektorientiert oder auch in Kooperation mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten.
- Die Betonung der Bedeutung der grundlegenden Vorläuferfähigkeiten ist in Grundschulen allgegenwärtig und wird nun mit explizit genannten Fähigkeiten in den Fächern Deutsch und Mathematik in den Lehrplänen aufgenommen.
- Insgesamt scheint, nicht nur bei der Leistungsbewertung, die Ermittlung der Lernausgangslage einen Schwerpunkt des Unterrichts auszumachen.
11. Lehrpläne als kompetenzorientierte Unterrichtsvorgaben
Lehrpläne leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Anspruchsniveaus an der Einzelschule sowie im ganzen Land und schaffen notwendige Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit von Lernergebnissen.
Lehrpläne:
- bieten allen an Schule Beteiligten Orientierung über die Aufgaben und Ziele der Fächer
- geben eine curriculare Stufung vor und legen fest, welche fachbezogenen Kompetenzen einschließlich zugrundeliegender Wissensbestände Schülerinnen und Schüler am Ende der Stufen erworben haben sollen
- stellen eine landesweite Obligatorik strukturiert in fachspezifische Inhalte und darauf bezogene fachliche Kompetenzen dar
- sind Grundlage für Fördermöglichkeiten sowie die Überprüfung von Lernergebnissen und Leistungsständen
- fokussieren auf überprüfbares fachliches Wissen und Können / Aussagen zu allgemeinen, fächerübergreifend relevanten Bildungs- und Erziehungszielen werden im Wesentlichen außerhalb der Lehrpläne u. a. in Richtlinien und Rahmenvorgaben getroffen. Sie sind neben den fachspezifischen Vorgaben der Lehrpläne bei der Entwicklung von schuleigenen Vorgaben und bei der Gestaltung des Unterrichts zu berücksichtigen
- bilden die curriculare Grundlage für die Entwicklung schuleigener Unterrichtsvorgaben beziehungsweise schulinterner Arbeitspläne (§ 29 sowie § 70 SchulG NRW)
Da sich Lehrpläne auf zentrale fachliche Kompetenzen und Wissensbestände beschränken, erhalten Schulen die Möglichkeit aber auch die Aufgabe, gegebene Freiräume schul- und lerngruppenbezogen auszugestalten. In Verbindung mit dem Schulprogramm erfolgen Schwerpunktsetzungen im Unterricht in inhaltlicher, didaktischer und methodischer Hinsicht.
Zur Unterstützung des Übergangs werden die weiterführenden Schulen durch die Beschreibung der Kompetenzerwartungen und Bezeichnung von Inhalten über die zu erwartenden Grundlagen für ihre Arbeit unterrichtet. Sie bilden eine wichtige Basis für die Zusammenarbeit von Primarstufe und weiterführender Schule
Teil B: Umsetzung in der Praxis
1. Ausgangslage und Profilbildung BNE im Schulprogramm
Alle Vorgaben zur schulinternen Lehrplanentwicklung (vgl. Teil A) setzen darauf, die jeweiligen schulspezifischen Bedingungen, Gegebenheiten, Möglichkeiten und im Besonderen Erfahrungen im Zusammenwirken von Kompetenzerwartungen, individueller Lernausgangslagen und Querschnittsaufgaben im Sinne spezieller Lernarrangements konsequent umzusetzen.
Hier hat unsere Schule seit drei Jahrzehnten Potential entwickelt. Mit einer grundlegenden Standortplanung im Jahr 1993 (danach in regelmäßigen Abständen) und richtungsweisenden Beschlüssen mit Beteiligung der ganzen Schulgemeinde (Schulkinder, Mitarbeiter*innen, Eltern, außerschulische Partner) wurde früh der Weg zur Profilbildung „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) eingeschlagen, auch wenn diese zunächst „Ökologie“, „Umweltbildung“ und „Agenda 21 in der Schule“ hieß. Damit verbunden war immer die „Öffnung von Schule und Gestaltung des Schullebens“, besonders auf der Grundlage des 3000 Quadratmeter großen Schulgartens als Lernort mit seinen Lernstationen und der Konzipierung schuleigener analoger und digitaler Medien. Der Sachunterricht ist deshalb zentrales schulisches Leitfach.
Öffnungszeiten auch an den Nachmittagen gab es bereits seit 1994, 10 Jahre vor Gründung der OGS, sodass die Idee der erweiterten Lernzeiten und die Etablierung von ganztägigen Lernarrangements keine neue ist.
Die Schulkonzeption BNE:
https://koellerholzschule.de/rhythmisierte-ganztagsschule/schulkonzeption/
2. Relevanz der Querschnittsaufgaben und Beispiele
In den Querschnittsaufgaben der neuen Lehrpläne wird die „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) explizit in Verbindung mit der Verbraucherbildung benannt. Ein herausragender Baustein unserer Schule in diesem Zusammenhang ist die Arbeit als „Fairtrade School“.
Die Schülerfirma „Fair & Fröhlich“:
Schülerfirma „Fair und Fröhlich“ – Hexenpost (koellerholzwurm.de)
Die bereits in Teil A gelisteten und in den neuen Lehrplänen explizit benannten Querschnittsaufgaben seien der Praxisarbeit an dieser Stelle noch einmal verbindlich vorangestellt und mit schuleigenen Beispielen versehen:
Jede Schule entscheidet über die Anlage ihrer schulinternen Lehrpläne, wie die Querschnittsaufgaben innerhalb des Schulprogramms berücksichtigt werden:
- fächerübergreifend im Unterricht
- überfachliche Projekte
- Kooperationen mit außerschulischen Partnern
- schulkulturell etablierte Angebote
- expliziter Gegenstand schulorganisatorischer Maßnahmen und schulischer Angebote
Die Querschnittsaufgaben in den Lehrplänen:
- Menschenrechtsbildung
Beispiele: Klassenräte, Kinderkonferenz, Kinderrechte, 17 UN-Nachhaltigkeitsziele
- Werteerziehung
Beispiele: Erntedank (Unterstützung der Tafel), St. Martin (Aktion Hoffnung/Meins wird deins), Drei Könige (Sternsingeraktion/2023: „Kinder stärken, Kinder schützen“)
- politische Bildung und Demokratieerziehung
Beispiele: Klassenräte, Kinderkonferenz, Kinderrechte, 17 UN-Nachhaltigkeitsziele
- Medienbildung und Bildung für die digitale Welt
Beispiele: Schulgartenstationen analog und digital/Schülermagazin Hexenpost/360-Grad-Panoramarundgang
- Verbraucherbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung
Beispiele: Schulprofilentwicklung seit 1993
- Geschlechtersensible Bildung
Beispiele: Klassenräte, Kinderkonferenz, Kinderrechte, 17 UN-Nachhaltigkeitsziele
- Kulturelle und interkulturelle Bildung
Beispiele: Großprojekt Musical, Kunstprojekte, Sprachenwerkstatt
Der „Medienkompetenzrahmen NRW“ und die „Rahmenvorgaben Verbraucherbildung“ sind an vielen Stellen der Lehrpläne fachlich eingebunden.
46 Lernstationen (40) – Hexenpost (koellerholzwurm.de)
Hexenpost – Das Schülermagazin der Köllerholzschule – Powered by Koellerholzwurm.de
Köllerholzrundgang 11-2021 (koellerholzschule.de)
LVR_ZMB_MKR_Rahmen_A4_Final.indd (schulministerium.nrw)
Rahmenvorgabe Verbraucherbildung in der Primarstufe und Sekundarstufe I in NRW
3. Drei übergeordnete Ziele
Die Erkenntnisse unseres letzten großen pädagogischen Ganztagsschultages (Februar 2020, vor Corona) sind köllerholztypisch und richtungsweisend. Die drei übergeordneten Ziele „guter Unterricht“, „anregungsreiches Schulleben“ und „attraktive Freizeitgestaltung“ und die äußere und innere Rhythmisierung auf der Grundlage der Jahreskreise (u.a. Kalenderjahr, Schuljahr, Jahreszeiten, Fest- und Feiertage) und Anfertigung von Lerndokumentationen als individuelles „Köllerholz-Portfolio“ waren Konsens in der gemeinsamen Arbeit des Lehrerkollegiums und des Ganztagsteams.
Die Lehr- und Fachkräfte beschäftigten sich mit der Fragestellung, welche Rhythmusdimensionen auf das Leben der Schulkinder und das der sie begleitenden Erwachsenen in der Schule Einfluss haben. Die Ergebnisse fließen zukünftig ein in die Themenfindung für Unterricht und Freizeit vor dem Hintergrund der Kompetenzerwartungen der 9 Fachlehrpläne und der Leitideen der 10 Bildungsbereiche.
4. Die Idee der Jahreskreise
Der Rhythmisierung kommt in unserer Schule ein besonderer Stellenwert zu. Das betrifft konzeptionell und profilbezogen die Rhythmisierte Ganztagsschule.
Unsere Schule | Köllerholzschule Bochum (koellerholzschule.de)
Das betrifft im Besonderen aber auch die Möglichkeiten, Unterricht handlungsorientiert, fächerübergreifend, nachhaltig, teamorientiert und individualisierend anzulegen.
Über den Schulgarten gibt es seit drei Jahrzehnten die entsprechenden Zugänge mit Gartenrevieren und Patenschaften, auch mit Ausweitung in den benachbarten Köllerholzwald. Das Erleben der Naturkreisläufe, draußen bei Wind und Wetter, die direkte Wahrnehmung der jahreszeitlichen Veränderungen und Phänomene, das Sich-bewegen-können im Garten und im Wald gehört deshalb als „Spezialität“ zu unserer Schule.
Die Orientierung an Jahreskreisen bezieht sich auf das Kalenderjahr, das Schuljahr, die Jahreszeiten und auf die Fest- und Feiertage. Diese Elemente werden in einer Gesamtschau systematisiert, tabellarisch sichtbar gemacht und in Bezug zu den Kompetenzerwartungen der Fachlehrpläne sowie zu den Gestaltungskompetenzen der BNE gesetzt. Damit verbunden ist die Idee, Aktuelles und Anstehendes im Blick zu haben und die gute Gelegenheit handelnd zu nutzen.
Lehrpläne für die Primarstufe in Nordrhein-Westfalen (nrw.de)
39.-Gestaltungsorientierung-10-Teilkompetenzen-der-BNE.pdf (koellerholzschule.de)
5. Unterrichtsszenarien: induktiv und deduktiv
Auf diesen praktisch vorhandenen Grundlagen kann die Entwicklung der schuleigenen Lehrpläne logisch betrachtet zwei Zugänge haben.
Es gibt eine „Köllerholz-Erkenntnis“ aus langjähriger Erfahrung. Wenn Lehrer*innen ohne Zeitdruck die unterrichtlichen Möglichkeiten des Standorts nachhaltig nutzen und ihren Schulkindern, möglichst mit Einbeziehung des Ganztags, den Raum geben in sie thematisch interessierenden Projekten und Lernarrangements zu arbeiten, dann vollzieht sich dies immer in einer Mischung aus Praxis und Theorie, immer fächerübergreifend, immer teamorientiert und gleichzeitig individualisierend. Dann entstehen Lernfreude, Freude am Entdecken und Begreifen, Freude am Erkenntnisgewinn und spannende Dokumentationen und Präsentationen, die andere Schulkinder wiederum einsehen und grundlegend für ihren eigenen thematischen Einstieg nutzen können.
Dann stellen die Pädagog*innen beim Abgleich mit den Zielen bzw. Kompetenzerwartungen der Lehrpläne fest, dass „wie von Zauberhand“ mancher Haken gesetzt werden kann. Das war bei den Lehrplänen von 1984 so, bei den Lehrplänen von 2003 so und wird bei den neuen Lehrplänen von 2021 nicht anders sein. Lasst die Kinder machen! Gebt ihnen Zeit und Raum!
Im Prinzip impliziert dies einen zunächst (allgemein unüblichen) induktiven Zugang. Denn in der Regel setzen schulinterne Lehrpläne im Land Kompetenzerwartungen auf und die Lehrer*innen überlegen sich in einem deduktiven Zugang dazu passende Unterrichtsszenarien. Ein eher mühsames Geschäft! Warum also nicht die Gunst des Standorts nutzen? Die Mischung macht es!
Induktives und deduktives Arbeiten kennt man eher aus der Wissenschaft. Aus den Erkenntnissen einer Forschung wird eine Theorie abgeleitet (induktiv) bzw. mit einer Untersuchung wird eine bestehende Theorie überprüft (deduktiv). Hier gibt es immer auch Wechselwirkungen.
6. Variabilität: induktive und deduktive Unterrichtszugänge
Wie bereits gesagt: Die Mischung macht es! Dabei gilt es die beiden Ansätze nicht zu werten, sondern zu gewichten! Beide haben ihren legitimen und notwendigen Platz und Stellenwert.
Buch, Broschüren und Heft bezogene Lehrgänge gehören zur schulischen Arbeit und dienen dem systematischen Lernen der Schüler*innen. Dazu gehören im Schuljahr 2023/24 für Deutsch das Hauptlehrwerk Zebra, für Mathematik das Hauptlehrwerk Minimax, beides ergänzt durch zusätzliche Materialien, auch für den Bereich der Förderung und der sonderpädagogischen Unterstützung.
Aus der Arbeit mit den Lehrwerken entstehen im besten Fall nach und nach Lernarrangements, indem die speziellen Möglichkeiten unseres Standortes genutzt werden. So hat es sich z.B. bei der Einführung von neuen Buchstaben als besonders zuträglich erwiesen, handlungsorientiert die Vielfalt des Schulgartens zu nutzen. Was wäre das B, b ohne Besuch bei den Bienen? Schon beginnt die fächerübergreifende und multiprofessionelle Arbeit! Diese zu dokumentieren (Praxisleitfaden Lernarrangement) und zu multiplizieren ist natürlich sinnvoll. So kann diese von nachfolgenden Klassen genutzt und erweitert werden. Die Querschnittsaufgaben können an diesen Schnittstellen einfach mitgedacht werden, wenn sie passen.
Teil C: Praxisleitfaden Lernarrangement für schuleigene Unterrichtsvorgaben
Wie weiter? Die Beantwortung dieser Frage ist Auftrag und Ansporn im kollegialen Prozess.
Aufgaben:
- Erstellung eines mehrdimensionalen Jahreskreises (Anknüpfung an die Ergebnisse des letzten Päd. Tages)
- Herleitung und Auswahl thematischer Ankerpunkte für die Klassen 1 bis 4
- Verbindliche Benennung fachlicher und/oder fachübergreifender Themenbausteine
- Entwicklung von Lernarrangements (auch im Spiralprinzip)
- Verortung im Jahreskreis mit Jahrgangsbezug
Stephan Vielhaber, Schulleiter
08.08.2023
Lieber Herr Vielhaber,
es hat sehr viel Freude bereitet den Basisentwurf zu lesen. Insbesondere die Aufbaustruktur, die alle Bausteine Ihrer Schule in den Blick nimmt, ist bemerkenswert. Auch die QA, die sicherlich inhaltlich nochmal in die Tiefe geht, kann mit ihrer Rückmeldung meines Erachtens nur positiv ausfallen.
Mit herzlichen Grüßen
Astrid Niemeyer
Schulamtsdirektorin
Schulamt für die Stadt Bochum